Zum Beruf der Pflegefachfrau/ des Pflegefachmannes gehört es, mit dem Sterben und Tod umgehen zu können. Das ist nicht so einfach, vor allem, wenn man damit noch keine Erfahrung gesammelt hat. In Deutschland ist es nach wie vor so, so dass das Thema Sterben und Tod aus dem Leben weitestgehend ausgeblendet werden. Die Folge: Menschen sterben allein oder im Krankenhaus, obwohl sie das nicht möchten. Und dass obwohl es in Deutschland seit 2015 ein „Hospiz- und Palliativgesetz“ (HPG) gibt, welches sich mit einem würdevollen Sterben und Tod auseinandersetzt. Für die Umsetzung sind die Pflegekräfte in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Hospizen und auch im häuslichen Bereich verantwortlich.
Um die Bedeutung dieses Themas verständlich werden zu lassen, habe ich mit den Pflegeschülern der BPF.20 Anfang Juni eine Projektwoche zum Thema „Sterben und Tod“ durchgeführt. In den vier Tagen bzw. 28 Unterrichtsstunden ging es vor allem um medizinische Abläufe während des Sterbeprozesses, die Versorgung des Verstorbenen, unterschiedliche Sterbekulturen und die Begleitung eines Menschen auf seinem letzten Weg.
Am ersten Tag haben wir mit einer Reflexion zum Thema begonnen, um den Prozess des Verstehens anzustoßen. Sehr spannend war auch unsere Diskussion Thema Legalisierung der Sterbehilfe.
Etwas intensiver wurde es dann am zweiten Tag mit den Inhalten: Bedürfnisse Sterbender, Sterbe- und Trauerphasen und Sterbekultur und Religionszugehörigkeit. Um dies von einer Fachperson zu erfahren, sind wir nach Gröbzig in die Synagoge gefahren und konnten dort der Expertise der Museumsleiterin Frau Gottschalk zuhören. Sie erzählte uns, dass im Judentum die Beerdigung eines Verstorbenen innerhalb von 24 Stunden erfolgen muss. In Deutschland ist dies schwierig, denn Beerdigungen dürfen laut Gesetz frühestens 48 Stunden nach dem eingetretenen und durch den Arzt bestätigten Tod stattfinden. Diesen Tag durften wir mit einem Besuch auf dem Judenfriedhof in Gröbzig abschließen.
Am Mittwoch übten wir in kleinen Rollenspielen die Begleitung eines Menschen an dessen Sterbebett. Das war eine Herausforderung, da es nicht ausreicht, sich nur dazuzusetzen, sondern die Pflegekraft muss auch die Bedürfnisse (Durst, Angst, Schmerz, Einsamkeit, u.v.m.) des Sterbenden stillen. Dieser Moment war für die Auszubildenden sehr intensiv. Und obwohl es nur Rollenspiele waren, konnten sich die meisten Schüler in diese fiktive Situation hineinversetzen. Um den Inhalt dieses Morgens zu verstehen und emotional aushalten zu können, sind wir ins Anhaltische Hospiz nach Dessau- Roßlau gefahren. Dort haben wir mit Frau Kreßmann und ihrer Kollegin drei Stunden über die Bedürfnisse von Schwerstkranken und sterbenden Menschen gesprochen. Das war für alle sehr emotional. Für mich war das auch der erste Besuch in einem Hospiz und trotz aller Schwere, die den Zugang in ein Hospiz voraussetzt, vergab ich in meiner persönlichen Reflexion den Titel „Ort der Lebensfreude“.
Am Ende des Sterbens kommt der Tod. Und nun? Viele Formalitäten und natürlich die Bestattung müssen organisiert werden. Diesen Prozess haben wir uns am Donnerstag im Flamarium in Kabelsketal angesehen. Der dortige Geschäftsführer Herr Kriebel hat uns den Weg des Verstorbenen vom Bestatter über die Kremierung (Feuerbestattung) bis hin zur Trauerfeier und Beisetzung gezeigt. Auch dieser Tag war emotional und kognitiv anstrengend, spannend und lehrreich.
Ich bin sehr dankbar für diese Woche. Ich bin dankbar für meine tolle Klasse, für die externen Partner, die uns all diese Einblicke ermöglicht haben, für die Unterstützung durch die Schulleitung und auch dankbar gegenüber meinen Kollegen, die wegen der Projektwoche, ihre Stunden verlegen mussten.
Abschließend möchte ich folgendes sagen: Jeder Tag im Leben zählt. Seid glücklich – wir haben nur dieses eine.
Diana Tittel