„…hab mich durch Gewebe, Gewölbe, Gebein, Geknitter, Geknote geschmeckt, gesickert und gekaut, so gut, so zäh, dass mir der Ort jetzt erscheint wie meiner.“, liest Maria Meinel am 2. Juni im Raum C 108 in der BbS ABi den 14 Biolaboranten (BBL.22) vor. Der, der da spricht, ist der Krebs, der nach einer längeren Pause wieder in Lia zurückgekehrt ist. Lia ist die Hauptperson im Buch „Atlas unserer spektakulären Körper“ von Maddie Mortimer, das Maria Meinel ins Deutsche übersetzt hat. Eine Herausforderung: 480 Seiten einer facettenreichen, gewaltigen Sprache in nur 4 Monaten zu übersetzen. Und zwar so, sagt sie, dass die Wirkung, die das Buch bei den englischen Lesern hervorruft, ähnlich ist. Nicht einfach, wenn es dann noch um Wörter geht, die in der deutschen Sprache gar nicht existieren und noch schwieriger, wenn Wortspielereien der Autorin ja auch Rhythmus und einen bestimmten Klang haben. Wie können diese überhaupt in eine andere Sprache übertragen werden?
Wie sie sich dieser Herkulesaufgabe gestellt hat und welche Strategien sie dabei nutzte, das berichtete Maria Meinel an diesem Morgen im Deutschunterricht. Und wenn die Sätze dann auch noch grafisch verschiedene Formen annehmen, dann braucht es auch viel Phantasie. „Ich musste auf jeder Seite von der Muse geküsst werden“, lacht sie. Und es wird mehr als klar, dass Übersetzer und Übersetzerinnen selbst Künstler sind.
Der Krebs kommt im Buch als Personifikation vor mit eigener Stimme. Auch das macht das Buch (das bereits auf mehreren Preislisten stand, u.a. für den Booker-Prize) einzigartig und lässt ganz neue Perspektiven auf die Krankheit und auf den Umgang mit ihr zu.
Herzlichen Dank an Maria Meinel für die Einblicke in die Arbeit einer Übersetzerin und die Übersetzung dieses Buches in „unsere Welt“.
Danke auch an den Friedrich-Bödecker-Kreis in Sachsen-Anhalt e.V., der Autorenlesungen möglich macht.
L.Dietsch